Zu den bekanntesten Indikatoren zählen zweifellos gleitende Durchschnitte (engl. Moving Averages), die sich aus dem Durchschnittskurs einer bestimmten zurückliegenden Zeitperiode errechnen und direkt im Chart als Linie angezeigt werden. Populär sind 5, 10, 20, 50, 100 und 200 Perioden. Man kann gleitende Durchschnitte als eine Glättung der Schlusskurse eines Liniencharts betrachten. Als trendfolgender Indikator zeigt dieser die Trendrichtung an, signalisiert aber auch das Ende bzw. die Umkehr eines Trends. Des Weiteren liefert der gleitende Durchschnitt Kauf- und Verkaufssignale und ist somit ein geeignetes Tool für den Trendfolge-Trader aber auch für den Countertrend-Trader.
Ein Kaufsignal entsteht, wenn eine Kerze den gleitenden Durchschnitt von unten nach oben durchbricht und der Schlusskurs über dem gleitenden Durchschnitt liegt. In einem laufenden Aufwärtstrend erhalten wir ein weiteres Kaufsignal, wenn sich der gleitende Durchschnitt bei einem Retracement als Unterstützung erweist. Der Stop-Loss wird in beiden Fällen unter dem gleitenden Durchschnitt platziert.
Ein Verkaufssignal entsteht, wenn eine Kerze den gleitenden Durchschnitt von oben nach unten durchbricht und der Schlusskurs unter dem gleitenden Durchschnitt liegt. In einem laufenden Abwärtstrend erhalten wir ein weiteres Verkaufssignal, wenn sich der gleitende Durchschnitt bei einem Retracement als Widerstand erweist. Der Stop-Loss wird in beiden Fällen über dem gleitenden Durchschnitt platziert.
Der Ausstieg aus einem Trade erfolgt, wenn das Gewinnziel erreicht wurde oder der RSI Indikator bei einem Long-Trade einen überkauften Markt (>90) oder bei einem Short-Trade einen überverkauften Markt (<10) anzeigt. Der Ausstieg erfolgt spätestens, wenn der Kurs den gleitenden Durchschnitt in die entgegengesetzte Richtung durchbricht.
Bei den gleitenden Durchschnitten sind eine ganze Reihe von Varianten bekannt, wie der einfache gleitende Durchschnitt (SMA), der linear gewichtete gleitende Durchschnitt (WMA) und der exponentiell geglättete gleitende Durchschnitt (EMA).
SMA
Der einfache gleitende Durchschnitt (engl. Simple Moving Average) berechnet den Durchschnittskurs einer festgelegten Anzahl Perioden von zurückliegenden Schlusskursen.
WMA
Der linear gewichtete gleitende Durchschnitt (engl. Weighted Moving Average) berechnet ebenfalls den Durchschnittskurs einer festgelegten Anzahl Perioden, wobei jede Periode mit einem linear steigenden Gewichtungsfaktor multipliziert wird. Jüngere Perioden haben eine höhere Gewichtung als ältere Perioden.
EMA
Der exponentiell geglättete gleitende Durchschnitt (engl. Exponential Moving Average) gewichtet die vergangenen Perioden anhand einer Exponentialverteilung. Auch hier erhalten die jüngeren Perioden eine höhere Gewichtung als länger zurückliegende Perioden.
Bei meinen weiteren Ausführungen möchte ich mich auf den von mir bevorzugten EMA beschränken, grundsätzlich treffen aber alle Aussagen auch auf SMA und WMA zu. Je nach Handelsschwerpunkt kann man gleitende Durchschnitte mit unterschiedlichen Zeitperioden nutzen und das beispielsweise im Minuten-, Stunden- oder auch Tages-Chart. Die verwendeten Zeitperioden sind das kritische Element und davon abhängig, in welchem Zeitrahmen man als Trader unterwegs ist.
Beispiele unterschiedlicher Zeitperioden
Sehr kurzfristig: | 5 Perioden | sehr schnelle Reaktion |
Kurzfristig: | 10 Perioden | schnelle Reaktion |
Mittelfristig: | 20 Perioden | mittlere Reaktion |
Langfristig: | 50 Perioden | langsame Reaktion |
Langfristig: | 100 Perioden | sehr langsame Reaktion |
Sehr langfristig: | 200 Perioden | besonders langsame Reaktion |
Als trendfolgender Indikator reagiert der gleitende Durchschnitt mit einer gewissen Verzögerung, die mit zunehmender Zeitperiode größer wird. Folglich bedeutet das, dass der EMA(5) extrem schnell auf Veränderungen reagiert, als nächstes der EMA(10), schließlich der EMA(20) und erst später EMA(50), EMA(100) und zuletzt der EMA(200). Die Herausforderung besteht darin, die ideale Zeitperiode für den eigenen Trading-Stil zu finden. Reagiert der EMA zu sensibel, erhält man durch den ständigen Richtungswechsel zu viele Fehlsignale. Man spricht dann von Whipsaw (Säge). Reagiert der EMA zu träge, ist er ebenso wenig von Nutzen.
EMA(5) – Momentum
Der EMA(5) reagiert wie ein Momentum-Indikator und liefert Einstiegssignale für Long- und Short-Trades, wenn der Kurs den EMA(5) bricht. Der EMA(5) dient insbesondere zur Erfassung von starker Dynamik in Verbindung mit einer starken bullischen (bzw. bärischen) Kerze bei einem Durchbruch eines wichtigen langfristigen gleitenden Durchschnitts oder einer Handelsspanne. Als eigenständiger Indikator ist der EMA(5) weniger geeignet, kann jedoch in Verbindung mit anderen Indikatoren wie z.B. dem RSI verwendet werden. Vermeiden Sie Long-Trades in überkauften Märkten oder Short-Positionen in überverkauften Märkten. Außerdem ist der EMA(5) als enger Trailing-Stop sehr nützlich. In Märkten mit seitwärtsverlaufender Handelsspanne, wo der Kurs den EMA(5) ständig kreuzt (Whipsaw), ist er nicht einsetzbar.
EMA(10) – kurzfristige Trends
Der EMA(10) ist ein schneller gleitender Durchschnitt, der uns die kurzfristigen Trend zeigt. Er ist besonders in Kombination mit dem RSI ein nützliches Werkzeug. So liefert der EMA(10) die Einstiegssignale beim Kreuzen der Kurse sofern der RSI keinen überkauften bzw. überverkauften Markt anzeigt. Ebenso ist es ratsam, Gewinne mitzunehmen, wenn der RSI im überkauften bzw. überverkauften Bereich liegt. Grundsätzlich kann der EMA(10) hohe Verluste vermeiden, wenn man über dem EMA long und darunter short positioniert ist.
Der EMA(10) eignet sich auch sehr gut für den Einstieg nach einem Retracement an den gleitenden Durchschnitt. Long-Positionen wenn der Preis von oben zurückkehrt, oder Short-Positionen wenn der Preis von unten zurückkehrt. Außerdem kann der EMA(10) bei einem Trendfolge-Trade als Trailing-Stop verwendet werden. Nicht einsetzbar ist der EMA(10) in volatilen Märkten mit seitwärtsverlaufender Handelsspanne, wo der Kurs den EMA ständig kreuzt (Whipsaw).
EMA(20) – mittelfristige Trends
Der EMA(20) markiert den mittelfristigen Trend in einem Markt. Er gibt den Trades mehr Bewegungsraum ohne vorzeitig wegen kurzfristiger Preisschwankungen ausgestoppt zu werden. Beim Handel mit dem EMA(20) ist es wichtig, eine Exit-Strategie zu verwenden, die den Gewinn maximiert, anstatt auf eine Rückkehr zum EMA(20) zu warten. So ist es vorteilhafter einen Long-Trade zu schließen, wenn der RSI einen überkauften Markt (>90) anzeigt oder einen Short-Trade zu schließen, wenn der RSI einen überverkauften Markt (<10) anzeigt.
Der EMA(20) filtert den größten Teil des Intraday-Rauschens heraus und kann deshalb auch als übergeordneter Filter für ein kurzfristigeres Handelssystem verwendet werden. Daytrader, die kurzfristige gleitende Durchschnitte verwenden, können Long-Trades abschließen, wenn der Preis über dem EMA(20) liegt, und Short-Trades darunter. Trades unter Verwendung kurzfristiger gleitender Durchschnitte (5-10 Perioden) haben bessere Chancen, wenn diese in Richtung des EMA(20) erfolgen.
EMA(50) – langfristige Trends
Der EMA(50) zeigt uns die langfristigen Trends, daher kann er als eigenständiger Indikator für grünes bzw. rotes Licht dienen. D.h. man bleibt investiert so lange der Kurs über dem EMA(50) liegt, und man verkauft, wenn der Kurs darunter fällt. In einem Bullenmarkt wird der EMA(50) viele Male als Unterstützung dienen, bevor er letztendlich scheitert. Unter den gleitenden Durchschnitten ist der EMA(50) die wichtigste Unterstützungslinie in einem Bullenmarkt. Die Märkte erholen sich im Allgemeinen beim ersten Rückzug an diese Linie. Je häufiger die Unterstützung jedoch getestet wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gebrochen wird und eine tiefere Korrektur auftritt. Bei Beginn eines Abwärtstrends wirst du oft feststellen, dass der EMA(50) dann zum Widerstand wird.
Der EMA(50) kann auch als Filter für den Handel mit Momentum-Strategien unter Verwendung anderer gleitender Durchschnitte und technischer Indikatoren verwendet werden. Eine mögliche Handelsregel könnte darin bestehen, long zu gehen, wenn der Kurs über dem EMA(10) ausbricht und auch über dem EMA(50) gehandelt wird. Mit diesem Filter würde man nicht über dem EMA(10) long gehen, wenn der Kurs nicht auch über dem EMA(50) liegen würde.
Beim Handel mit dem EMA(50) sollte man zum Ausstieg auf keinen Fall auf eine Rückkehr zum EMA(50) warten, sondern mithilfe des RSI den Handel beenden, wenn der RSI einen überkauften Markt (>90) bzw. einen überverkauften Markt (<10) anzeigt.
EMA(100) – vorletztes Unterstützungsniveau
Wenn die EMA(50)-Unterstützung auf dem Markt verloren geht, richtet sich die Aufmerksamkeit der Händler auf die EMA(100)-Unterstützungslinie. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Niveau gehalten wird, verbessert sich, wenn der RSI einen überverkauften Markt anzeigt. Aus einer Long-Position mit Schlusskurs unter dem EMA(100) solltest du aussteigen. Das kann dich vor großen Verlusten bewahren. Dagegen kann ein Schlusskurs über dem EMA(100) den Beginn eines Aufwärtstrends und einen guten Einstieg für einen Long-Trade signalisieren.
EMA(200) – letztes Unterstützungsniveau
Der EMA(200) ist die ultimative Linie, die Bullenmärkte von Bärenmärkten trennt. Starke Bewegungen können auftreten, wenn diese Linie erreicht und dann in die eine oder andere Richtung gebrochen wird. Wenn Anleger nach einem langen Bärenmarkt nicht wissen, wann sie wieder investieren sollen, bietet ein Überschreiten des EMA(200) eine große Chance für den Beginn des nächsten Bullenmarktes. Natürlich müssen sie bereit sein, wieder auszusteigen, wenn der Kurs erneut unter dem EMA(200) schließt und sich die Dynamik nicht in einen Trend verwandelt hat. Langfristige Anleger sollten nicht unter dem EMA(100) kaufen.
Fazit
Wie bereits zu Anfang erwähnt, zeigen uns gleitende Durchschnitte durch ihren Verlauf die Trendrichtung im Chart an. Des Weiteren besitzen sie eine Unterstützungs- und Widerstandsfunktion, die bei höheren Zeitperioden deutlich stärker ausgeprägt ist. Die Trading-Signale liefern die Crossovers (Überkreuzungen), wenn der Kurs über den gleitenden Durchschnitt steigt oder darunter fällt. Oder bei Verwendung mehrerer gleitender Durchschnitte unterschiedlicher Zeitperioden, der schnellere EMA den langsameren kreuzt. Wie man ein, zwei oder drei gleitende Durchschnitte für das Trading nutzen kann, zeige ich unter Trading mit Gleitenden Durchschnitten.